Was gut ist
Weine des Weingutes Endrizzi aus dem Trentino
Was ist gutes Essen? Was gut schmeckt. So war ich mir mit Torben Endrici, im Trentiner Dialekt Endrizzi,, Teil einer sehr traditionellen und alteingesessenen Winzerfamilie im Trentino, schon bei unserem ersten Gespräch schnell einig.
Wenig gute Zutaten. Geschmacklich gut zusammen passend. Hochwertig produziert. Letztlich gilt aber, gut ist, was schmeckt. So auch beim Wein. Das bestätigt mir auch Torben als Weinprofi und nimmt mir damit die Scheu, vor meinem eigenen, im Vergleich zu ihm doch recht geringen Wein-Wissen.
Ein Produkt, das mir schon länger schmeckt und ich damit als gut empfinde, sind die Weine und Schaumweine, in diesem Fall Trentodocs, genau dieser Winzerfamilie. „Produkt” ist da zu kurz gefasst, denn auf den Weingütern im Trentino und in der Toskana werden auf höchstem Niveau Rot-, Weiß-, Rosé- und auch Schaumweine produziert. Letztere haben es mir besonders angetan. Lange teilte ich die prickelnde Weinwelt lediglich in Sekt, Prosecco und Champagner ein. Hätte man die Wahl würde sie immer auf letztere Fallen. Dabei gibt es vielfältigste Schaumweine, die nicht aus der Champagne stammen, aber qualitativ in jedem Fall mithalten können. So der Trentodoc, der Schaumwein der norditalienischen Berge, welcher nach strikten Metodo-Classico-Regeln hergestellt und von der klimatischen Vielfalt der Region, den kalkhaltigen Böden und der Sonne geprägt wird. In der Herstellung findet eine sehr sorgfältige Auswahl der ausschließlich verwendeten Trentiner Trauben und die Methode der traditionellen Flaschengärung mit einer Hefelagerung von mindestens 2 Jahren statt.
Ich finde es immer wieder faszinierend hinter die Kulissen der Lebensmittelproduktion zu schauen und vor allem zu verstehen, wie ein handwerklich hochwertig hergestelltes Lebensmittelprodukt entsteht. So habe ich auf der Heimfahrt von Meran im vergangenen Spätsommer einen Abstecher ins Trentino gemacht, und zwar zum Weingut Endrizzi, um herauszufinden, wo mein geliebter Trentodoc herkommt. Ich hatte das Glück, dass sich Torben Endrici ein bisschen Zeit nehmen konnte und mir einen ausgesprochen spannenden Einblick in die Produktion ihrer Weine und ihren Arbeitsalltag gewährte und ausserdem ausführte welche Werte die Familie in ihrem Schaffen verfolgt.
Das Familienunternehmen ist seit 1885 in Familienbesitz und eines der ältesten der Region. Die Region Trentino grenzt nördlich an Südtirol, südlich und östlich an die venetischen Provinzen Belluno, Vicenza und Verona. Dem Weingut in San Michele all'Adige der Familie Endrici schließt sich ein weiteres, das Weingut Serpaia, in der Toskana an.
Auf ihren Weinbergen im Trentino werden internationale und autochthone, also heimische, Rebsorten angebaut. Daraus leiten sich verschiedene Linien ab. Die oben beschriebenen Trentodocs, die aus Chardonnay, Pinot bianco, Pinot nero und/oder Pinot Meunier verarbeitet werden, nehmen eine besondere Rolle ein, denn das im Jahr 1984 gegründete „Istituto Trento Classico“, welches das strenge Produktionsprotokoll für den Trentodoc vorgibt, wurde von Paolo Endrici, der als Kopf der Familie mit seiner Frau und der nachfolgenden Generation die Endrizzi Güter federführend leitet, mit ins Leben gerufen.
Die Dalis Weine wurden durch die neue Generation –– Daniele und Lisa Maria –– entwickelt. Die Reihe umfasst jeweils einen Cuvee aus Weißwein, Rotwein und Rosé, die sich durch moderne Frische auszeichnen und sich als hochwertigen Genuss wunderbar in den Alltag einfügen. Der Name DALIS stammt aus der Vereinigung der Namen Daniele und Lisa Maria, Christine‘s und Paolo‘s Kindern, die diesen Wein geschaffen haben und so die neue Generation der Winzer einleiten.
Die Linie Classica reicht von Müller Thurgau bis Gewürztraminer, von Teroldego Rotaliano bis Lagrein und umfasst lokale sowie internationale Rebsorten, die sortenrein ausgebaut werden. Die Weißweine zeigen Säure, Frische und intensives Aroma. Die Rot- und Rosé Weine sind elegant, fruchtig und linear.
Schließlich fallen die ganz besonderen Weine, die die besten Trauben, das besondere Können und viel Liebe zum Detail widerspiegeln, in die Masseto Linie, das Herzstück des Weingutes Endrizzi.
Die lange Tradition des Weinbaus in der Familie, die Bereitschaft zur Forschung und Innovation, eine immerwährende Neugier und einen Willen das Beste aus der Natur zu erschaffen, dokumentiert den Geist und das Wertegerüst der Familie. So verwundert es nicht, dass das Weingut Endrizzi eines der ersten in der Region Trentino/ Südtirol war, das sich für einen umweltfreundlichen und -schonenden sowie naturnahen Weinbau entschied. Dies zeigt sich auch im gesamten Arbeitsalltag auf dem Gut. So ist der historische Sitz des Gutes in einem Natur schonenden Verfahren renoviert worden, die Produktionsgebäude sind im Boden eingelassen, fügen sich damit in die Landschaft ein, minimieren zudem Temperaturschwankungen und verringern damit deutlich Energiekosten. Wie Energie genutzt wird, ist ohnehin ein vordergründiges Thema –– der Weintransport erfolgt da, wo es möglich ist, mit Schwerkraft, die Dächer sind zum Temperaturausgleich begrast und der Energiebedarf wird weitestgehend durch Sonnenkollektoren gespeist. Im Anbau und in der Produktion gibt es etliche weitere Beispiele, wie mit Bedacht auf Natur- und Ressourcenschonung geachtet wird –– der Einsatz von Sulfiten wird durch die Nutzung von Stickstoff begrenzt, auf Schädlingsbekämpfung kann auf Grund der Verwirrmethode verzichtet werden, bei der die Paarung des Traubenwicklers durch die Ausgabe des weiblichen Traubenwickler Pheromons gestört wird. Die Reduktion von Schädlingen wird außerdem durch das Willkommenheißen von Vögeln, denen Nester bereitgestellt werden, begünstigt. Die Weinberge werden gemäht statt das mit Unkrautvernichtungsmitteln gearbeitet wird. Es zeigt sich, dass mit viel Umsicht und im Einklang mit der Natur hochwertig und gewinnbringend produziert werden kann.
Entscheidet man sich als Produzent also dazu ein solch naturnahes Produkt ins Leben zu rufen, möglichst wenig in den Ablauf der Natur einzugreifen, so ist man natürlich auch den Unwägbarkeiten und natürlichen Schwankungen der Natur ausgesetzt, die mal ein reichhaltiges Jahr hervorbringt und mal eines, das von Ernteausfällen bestimmt wird. So wird deutlich, was logisch ist, aber häufig übersehen wird – die Lebensmittelproduktion im Kleinen bedarf genauso wie im Großen neben tiefgreifendem Verständnis von Natur und Herstellungsprozessen auch fundierte unternehmerische Fähigkeiten und die Bereitschaft unternehmerisches Risiko langfristig zu tragen. Denn es wird etwas produziert, das den Unwägbarkeiten der Natur unterliegt, gleichzeitig benötigt der Hersteller die Sicherheit, um ein Team aufzubauen und dauerhaft zu entlohnen. So wie die Welt sich weiterentwickelt müssen Produkte und Produktionswege sich anpassen, notwendige Neuerungen identifiziert und eingeführt, bewährte traditionelle Verfahren erhalten und geschützt werden. Was dem Verbraucher von außen als „einfache” landwirtschaftliche Tätigkeit vorkommen mag, ist wie jede Unternehmung ein komplexes Unterfangen. Dies gilt besonders dann, wenn man gewillt ist, natürliche Qualität konstant zu erzeugen sich gleichzeitig aber auch mit sich ständig verändernden Bedingungen auseinandersetzen muss, ohne außer Acht zu lassen, sich weiterzuentwickeln und zu wachsen.
Der Familie Endrici gelingt dies offenkundig über Generationen hinweg und ist damit ein Beispiel, wie nachhaltig, langfristig und gewinnbringend Weine auf höchstem Niveau produziert werden können. So kann ich nur jedem ans Herz legen, einen näheren Blick auf die Herkunft unserer Lebensmittel zu werfen und zwar im positivsten Sinne –– wenn wir verstehen und sehen, wo unsere liebsten Lebensmittel und die Zutaten herkommen, dann fühlen wir uns ihnen noch mehr verbunden und wissen sie umso mehr zu würdigen. Aber auch ohne persönlichen Besuch im Trentino kann ich euch versichern, die Weine der Winzerfamilie Endrici sind etwas Gutes. Auch oder besonders zu Weihnachten!